Festliches Europa Slam-Finale und Preisverleihung des Netzwerks der Bochumer, Hattinger und Herner Europaschulen am Europatag, 9. Mai 2023
Seit 2018 besteht das Netzwerk der vier weiterführenden Bochumer Europaschulen (Hellweg Schule, Hildegardis-Schule, Louis-Baare-Berufgskolleg und Neues Gymnasium Bochum), das sich inzwischen um das Mulvany-Berufskolleg in Herne und das Gymnasium Waldstraße in Hattingen erweitert hat. Seit der Netzwerkgründung feiern wir den Europatag am 09. Mai immer zusammen – jedes Jahr lädt eine der Schulen an ihre Schule ein, sodass sich die Schülerinnen und Schüler untereinander kennenlernen können und ein reger Austausch untereinander stattfindet. Mit diesen Aktionen nimmt das Netzwerk erfolgreich am Wettbewerb der Europawoche des Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes NRW teil und wurde dieses Jahr bereits zum dritten Mal prämiert.
In diesem Jahr richtete die Hildegardis-Schule die gemeinsame Veranstaltung aus. Die sechs Netzwerkschulen haben unter dem Titel „Europa (v)erdichten“ einen Schreibwettbewerb in Form eines Europa Slams durchgeführt und gefragt: Was bedeutet es für Dich, in Europa zu leben, zu arbeiten, zu lernen, zu studieren? Nach der jeweils schulinternen Vorausscheidung sollten am 9. Mai 2023 alle sechs Schulen ihre kreativen Gewinnerbeiträge im großen Finale vor einem ausgewählten Publikum in der Aula der Hildegardis-Schule präsentieren.
Bereits im Vorfeld hatte auch ein Designwettbewerb stattgefunden, in welchem ein Logo für das regionale Netzwerk der Europaschulen gekürt wurde. Wir waren begeistert von der Kreativität der Schülerinnen und Schüler bei der Gestaltung der Logos und die gelungene Visualisierung der Netzwerkarbeit.
Voller Spannung und Vorfreude wurde das Zusammentreffen der sechs Netzwerkschulen am diesjährigen Europatag in der Aula der Hildegardis-Schule erwartet – und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht! Die Aula füllte sich mit ausgewählten Europa- und Deutschkursen der Oberstufe aus Gymnasien und Berufskollegs sowie mit interessierten Gästen. Chor und InstrumentalistInnen der Hildegardis-Schule eröffneten die Veranstaltung musikalisch mit einer mehrsprachigen Interpretation des Eurovisionslieds. Nach der Begrüßung durch den Schulleiter, Herr Backhaus, stellte die Europaschulkoordinatorin Frau Meyer das seit 2018 bestehende Europaschulnetzwerk und seine Netzwerkarbeit vor, dann wurden feierlich die Preise für den Logowettbewerb verliehen. Gewonnen haben Murat Yaman, Nils Skrzeba, Kilian Oberon Jacobs und Natthachai Wichayong vom Mulvany Berufskolleg mit einem ein Logo-Design, das die räumliche und inhaltliche Vernetzung der sechs Europaschulen innerhalb Nordrhein-Westfalens und mit Blick nach Europa fokussiert – dicht gefolgt vom zweitplatzierten Entwurf von Henry Barrio und Sophia Witte von der Hellweg-Schule, welcher die sechs Netzwerkschulen graphisch ins Zentrum des Europaparlaments rückte.
Das neue Logo des Europaschulnetzwerks, bildete bereits am 9. Mai auf Roll-Ups der Schulen und den T-Shirts der Koordinatorinnen und Koordinatoren einen gelungenen Rahmen für das Europa Slam-Finale.
Beim folgenden Europa Slam-Finale trugen die jeweiligen SchulsiegerInnen ihre selbst verfassten Texte vor Publikum und Jury vor. Dabei ging es um Kriterien wie Inhalt, Stil und Vortragsweise. Allein oder zu zweit, gereimt oder in Prosa, auf Deutsch, Englisch, Französisch oder Arabisch, gesungen und gesprochen, eher persönlich gehalten oder allgemein politisch – keinesfalls länger als 4 Minuten, immer jedoch engagiert und reflektiert, kritisch, kreativ und sprachlich souverän beeindruckten die Schülerinnen und Schüler die Anwesenden mit ihren Beiträgen und Darbietungen. Europa wurde in seiner vielfältigen Dimension als Kontinent, Kulturraum und politische Gemeinschaft mit Licht und Schatten ergründet, kritisch hinterfragt und konstruktiv in die Zukunft gedacht und so der europäische Gedanke mit Leben gefüllt. Diese aktive Auseinandersetzung mit Europa zu erleben war für alle eine große Freude.
Die Jury, bestehend aus Lisa Methling als Referentin für politische Vernetzung und Europa der Stadt Bochum, Annika Büsing als Autorin und Deutschlehrerin der Hildegardis-Schule sowie Svenja Przigoda als Poetry Slammerin und Bloggerin, hatte es nicht leicht und stellte sich der Herausforderung, aus den allesamt preiswürdigen Beiträgen die ersten drei Plätze zu küren, während das Publikum dem begeisternden musikalischen Beitrag von Chor und Instrumentalisten der Hildegardis-Schule lauschen konnte.
Gewonnen haben Martha Leidorf, Liya Baston und Will Weyen vom Neuen Gymnasium mit einem als Gesamtkunstwerk dargebotenen Dialog, gefolgt auf Platz zwei von Grazyna Sabia vom Mulvany Berufskolleg sowie Lara Feldhausen vom Gymnasium Waldstraße. Der Beitrag unserer Schülerin Junkyung Shin, die zugleich auch als Instrumentalistin aktiv beteiligt war, landete zwar nicht auf einem der drei ersten Plätze, ist aber – wie alle anderen im Finale vorgetragenen Texte – unbedingt lesens- und bedenkenswert (s.u.). Das nachfolgende Foto zeigt alle Finalteilnehmerinnen und -teilnehmer der Logo- und des Schreibwettbewerbs.
Als besondere Ehrung und als Zeichen der Kooperation mit der Stadt Bochum lud Frau Methling alle Finalteilnehmenden beider Wettbewerbe zu einer exklusiven Rathausführung vom Kerker bis in den Sitzungssaal ein. Es ist darüber hinaus geplant, die Logoentwürfe und Textbeiträge im Sommer 2023 im Stadtarchiv auszustellen.
Fazit: Der Titel „Europa (v)erdichten“ war und ist Programm: unser Netzwerk und unsere Schülerinnen und Schüler sind zusammengerückt und konnten erkennen wie bereichernd es ist, sich gemeinsam mit der Realität und der Zukunft Europas auseinanderzusetzen.
Großer Dank gilt allen Mitwirkenden am Logo- und am Schreibwettbewerb für ihre grandiosen Beiträge, der Jury für ihre qualifizierte Unterstützung, allen Koordinatorinnen und Koordinatoren für die gute Zusammenarbeit sowie für den festlichen Rahmen der Veranstaltung allen Chormitgliedern und Instrumentalist*Innen unter der Leitung von Elisabeth Esch, Melanie Kreiter und Christian Venjakob.
Diese Veranstaltung wurde im Rahmen des Wettbewerbs der Europawochen 2023 prämiert und wird vom Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes NRW unterstützt. Gleichzeitig ist die Veranstaltung Teil des regionalen Europaengagements der Metropole Ruhr und wird auf dem Europaportal des Regionalverbandes Ruhr in einem Veranstaltungskalender abgebildet.
Carolin Meyer & Meike Rahner
Europakoordinatorinnen der Hildegardis-Schule Bochum
(Fotos: Özlem Öztürk-Gerkensmeier, Meike Rahner, Daniela Wingenfeld)
Beitrag von Junkyung Shin zum Europa-Slam am 9. Juni 2023 in der Hildegardis-Schule
Europa… kommt vom Stierrücken geglitten. Sie setzt ihre Füße auf den Strand. Der Ostwind schnipst ihr Blütenblätter zu. Die Wellen rollen auf sie zu. Sie brechen im Sonnenlicht. Ja, die Sonne scheint. Der Sand ist… sandig. Körnig, wie er sich an die Haut schmiegt. Immer durchnässt von den ewig heranrollenden Wellen, breiten sie sich über die gesamte Küstenlinie von Kreta aus.
Es kreucht und fleucht die Fauna. Insekten schwirren. Die Hitze steigt langsam vom Boden auf. Es ist fast Mittag. Wenn sie weiter so stehen bleibt, bekommt sie noch einen Sonnenbrand.
Aber Europa bewegt sich nicht.
Wusstest du / dass nach dir benannt / werden sollte / der Kontinent / den du betrachtest?
Dass deine Töchter und Söhne / und deren Enkelkinder / deinen Namen besingen sollten / dich preisen, dich / den Namen / den Boden / das Stück Heimat, das du verträtest?
Doch Europa ist längst mehr als nur eine Gründerlegende.
Wir leben in ihr! Wir leben in ihr. Und nennen uns Europäerinnen und Europäer.
Für viele Menschen ist Europa zu einem Synonym geworden. Für Mobilität. Keine Grenzen. Sei es metaphorisch, oder ganz gar weltlich – weder Zölle noch Passkontrollen sind nötig, wenn wir verreisen (wollen). Für einen besseren Lebensstandard. Für einen Teil der großen Weltenströme. Für Freiheit. Und Sicherheit. Schutz. Eine Zuflucht, von der man sich Bestes erhofft.
… können wir diesen Vorstellungen gerecht werden?
Wenn der Tag kommen sollte, an dem Europa vor uns steht, genau dort, am Strand, vor dem Tosen der Wellen, die ihre Knöcheln umspülen. Wie an dem Tag, an dem sie erstmals Fuß auf diese sichere Küste gesetzt hatte. Erschöpft von der Flucht, und trotzdem ihre stolze Haltung nicht verlierend, auch wenn ihre Stimme rau wäre und ihr die Arme zitterten. Wenn sie nun königinnengleich vor uns stünde, – und uns fragt: Meine Erben, ihr alle, die meinen Namen angenommen habt. Wie habt ihr euch um mein Land gekümmert? Habt ihr euch nicht untereinander gestritten?
Was werden wir tun?
Und wenn sie uns das fragt, was werden wir antworten?
Guck, Europa. Das ist dein Land.
Es ist nicht mehr so rau und unzivilisiert, wie es zu deinen Zeiten war. Wir haben uns den Boden zu Nutze gemacht. Wir haben ihn kultiviert. Schau dir diese Industrie an! Und wie kräftig sie Wolken an den Himmel blasen! Das ist das Zeichen von Macht. Von wahrer Stärke.
Nein, werden wir ihr die Plastiktüten in den verdorrten Sträuchern zeigen, hinter denen sich ein unaufgehaltener Kampf nach dem nächsten abspielt? Boote, die kreisen und kreisen, als wollten sie den Flug der Seemöwen nachahmen? Und die, als deren Flügeln zu müde wurden, kopfüber ins Meer trudeln, weil sie kein Fels zum Ausruhen gefunden haben? Und die Leute, die danebenstehen und ihren Arbeiten nachgehen, ohne sich groß an den bizarren Ansichten zu stören?
Das sind deine Menschen.
Europa ist keineswegs perfekt. Das wissen diejenigen sicher am besten, die sie aus nächster Nähe betrachten können. Konflikte. Streite, die sich nur um ihren eigenen Profit drehen. Ja, es ist so. Verschweigen wir das nicht. Beschönigen wir es nicht. Wer behauptet, es gäbe keine Diskriminierung in Europa, das ist ein Dummkopf, der ist ein Lügner.
Setzen wir uns also daran, diese ignorante Haltung zu verändern.
Werden wir zu einem aktuellen, zu einem gegenwärtigen, zeitgenössischen, up-to-date-Europa, das hinschaut, statt sich abzuwenden, und niemandem eine Ausrede schuldig ist. Machen wir nichts, wovor wir uns schämen müssten. Lasst uns stattdessen die Dinge tun, die zu tun wir schon viel zu lange vernachlässigt haben.
Steht auf / und seht die Sonne ist längst aufgegangen / sie brennt flammend rot / einem neuen Morgen entgegen.
Junkyung Shin, Q1 (Hildegardis-Schule)